Ist das (noch) Kara­te?

Karate Peter und cane
Kara­te Peter und Cane

Die Fra­ge krie­ge ich immer mal wie­der gestellt. Oder auch das State­ment: “Was Du da machst ist doch kein Kara­te.” Wer ent­schei­det, was Kara­te ist und was nicht? Ich möch­te kei­ne phi­lo­so­phi­sche Betrach­tung anstel­len und auch kei­ne mys­tisch ver­klär­te ansto­ßen. Es gibt so vie­le erfah­re­ne Kara­te­trai­ner, die sich mit dem Kara­te noch inten­si­ver und län­ger beschäf­ti­gen als ich.

Ich möch­te eher betrach­ten, was ich in den ver­gan­ge­nen Jah­ren in mei­nem Umgang mit Kara­te erlebt habe und gelernt habe. Kara­te sind für mich zum Einen die Tech­ni­ken, auf die ich hier ein wenig ein­ge­hen will und zum Ande­ren die Ein­stel­lung, die Erfah­run­gen aus dem Kara­te­trai­ning auf den Rest des Lebens aus­zu­deh­nen. Dar­auf wer­de ich in einem zukünf­ti­gen Blog gern näher ein­ge­hen.

Ich ler­ne Karate(techniken) seit über 20 Jah­ren. Ich hat­te ver­schie­de­ne Trai­ner, die ich respek­tie­re und von denen ich ver­schie­de­ne Blick­win­kel auf mei­ne eige­ne Tech­nik und die Leh­re der Tech­ni­ken gelernt habe. Mei­ne Kara­te­tech­ni­ken wer­den durch stän­di­ges Üben immer bes­ser. Wie im japa­ni­schen über­all anzu­tref­fen, geht es um das Meis­tern der Her­aus­for­de­rung die Per­fek­ti­on errei­chen zu wol­len. Ich den­ke es ist gut immer wei­ter zu stre­ben, um die Aus­füh­rung bis in jede ein­zel­ne Facet­te zu per­fek­tio­nie­ren. Dies funk­tio­niert aber nur, wenn man sei­nen Geist öff­net und zuläßt neue Inspi­ra­ti­on durch wei­te­re Sicht­wei­sen auf die Tech­nik zu erlan­gen. Trotz mei­ner mehr als 20 Jah­re Kara­te­er­fah­rung und dem 3. Dan bin ich noch immer am Anfang mei­ner Rei­se. Ich bin auf dem Weg, aber eben noch lan­ge nicht da. Ich freue mich immer von ande­ren zu ler­nen. Von ande­ren Trai­nern und von Schü­lern in mei­nem Dojo und der ande­rer Dojos, die zu mei­nen Lehr­gän­gen kom­men oder die ich bei ande­ren Trai­nings tref­fe.

„Hito kata san­nen“ — Eine Kata drei Jah­re.

War­um? Viel­leicht, weil so vie­le Tech­ni­ken drin sind. Oder? Ich den­ke eher, weil Kata kom­plex sind und es vie­le Berei­che gibt, die man erst mit der Zeit her­aus­fin­den kann. Es ist nicht immer alles, wie es scheint. Wür­fe, Boden­tech­ni­ken, Hebel sind im Ablauf einer Kata ent­hal­ten, aber nicht so offen­sicht­lich. Genau­so sind Tech­ni­ken mit Waf­fen ver­steckt. War­um auch nicht? Nur des­halb, weil man es noch nicht ent­deckt hat, heißt es nicht, daß es nicht sein kann. War­um ler­nen Schü­ler eine Kata? Nur für den Gür­tel? Nur, um irgend­wann den schwar­zen Gür­tel um bin­den zu kön­nen? Das habe ich viel­leicht frü­her gedacht. Heu­te stel­le ich fest, daß es in den Kata so viel zu ent­de­cken gibt.

“War­um machst Du Kara­te?”

Lu und Cane bei Lehrgang
Lu und Cane bei Lehr­gang

Sehe ich einen Trai­ner, der erklärt wie er eine Tech­nik der Kata macht und wie er sie inter­pre­tiert, dann bin ich inter­es­siert. Sehe ich ande­re ihre Kata machen, so den­ke ich war­um sie die­se Bewe­gungs­aus­füh­rung wäh­len und schaue wie sie sie machen. Ich per­sön­lich ler­ne am bes­ten wenn ich ande­ren hel­fe eine Tech­nik und alles drum her­um zu ver­ste­hen. Trai­nings­part­ner fra­gen mich war­um ist das so oder so. Die­se Fra­gen hat­te ich mir häu­fig selbst noch gar nicht gestellt. Durch das Erklä­ren und Wahr­neh­men mei­ner Art die Tech­nik aus­zu­füh­ren, ver­ste­he ich es bes­ser und kann es über mein Üben bei mir selbst ver­bes­sern und ande­ren eine Sicht­wei­se ver­mit­teln. Habe ich den nächs­ten Gür­tel erreicht, dann heißt das nicht nur eine neue Kata ler­nen, son­dern auch die bis­he­ri­gen wei­ter ver­bes­sern. Oder macht irgend­je­mand Erfah­re­nes die Taikyo­ko Sho­dan noch so wie damals als Weiß­gurt? Des­halb den­ke ich min­des­tens 3 Jah­re für eine Kata. In die­se Lern­jah­re soll­te auch das Ler­nen über sich und von ande­ren gehö­ren. Des­halb ist mir der Blick über den eige­nen Tel­ler­rand und das eige­ne Trai­ning so wich­tig. Des­halb gibt es bei unse­rem Kara­te Pra­xis Trai­ning immer mehr als einen Trai­ner. Wir Trai­ner sind so ver­schie­den, daß jeder von uns Tech­ni­ken und Anwen­dun­gen anders sieht und anders erklärt. Jeder Teil­neh­mer soll­te sich dann das für sich pas­sen­de her­aus­su­chen. Es gibt nicht die eine Wahr­heit, um zur Per­fek­ti­on zu gelan­gen. Es hilft nur üben, neue Impul­se und Acht­sam­keit über sei­ne Tech­nik.

Regel 18 im kara­te dô:

„kata wa tada­shi­ku, jis­sen wa betsu mono“
Die Kata darf nicht ver­än­dert wer­den, im Kampf jedoch gilt das Gegen­teil

Ich übe in mei­nem Trai­ning neben Kata und Kihon auch den Kampf mit ange­paß­ten Tech­ni­ken aus der Kata. Das ist für mich die Anwen­dung in der Rea­li­tät, die Ver­än­de­rung für mei­ne Selbst­ver­tei­di­gung. Ich sehe Kata und Kampf als sich ergän­zend. War­um soll ich im Kampf etwas ande­res machen als ich zuvor jah­re­lang in einer Kata geübt habe? Es gibt einen Grund war­um die­se Tech­nik in der Kata ist und war­um sie viel­leicht nach oder vor einer ande­ren ist. Ich muß mich nur damit beschäf­ti­gen und für den Kampf anpas­sen. Anpas­sen an die Situa­ti­on, an den Geg­ner und an mein Ver­hält­nis zum Geg­ner (Posi­ti­on sowie Grö­ßen- und Gewichts­ver­hält­nis u.ä.).

Ich dan­ke hier mal allen, von denen ich in den ver­gan­ge­nen Jah­ren so viel über mich, mei­ne Tech­nik und Kara­te gelernt habe.     V I E L E N     D A N K !

Und an alle:

Seit wei­ter neu­gie­rig!

Ich zei­ge Euch nur einen wei­te­ren Blick auf Kara­te aus mei­ner, einer ande­ren Per­spek­ti­ve. Das was ich mache und leh­re ist für mich Kara­te.

Cars­ten

Bil­der: © Bon­sai und 1. Kara­te Dojo Huchem-Stam­meln e.V.